Mein Leben mit dem Syndrom

Mein Name ist Bernhard, in München 1958 geboren und lebe dort noch heute. Nach der Schule habe ich eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht; nach einigen Jahren bin ich in die Finanzabteilung eines Industrieunternehmens gewechselt. Dort habe ich mehrere Jahre in der internationalen Auftragsfinanzierung das Thema Bürgschaften und Bankgarantien betreut. Später bin ich als Bilanz- und Geschäftsbuchhalter in das Rechnungswesen gewechselt, meine Hauptaufgaben waren in allen Bereichen einer Buchhaltung. Ich habe erfolgreich bei Projekten wie SAP/R3 Einführung, der Euroumstellung, Ein- und Ausgliederungen von Geschäftsgebieten des Unternehmens mitgewirkt und habe den Themenkomplex latente Steuern, Umsatzsteuer und Quellensteuer sowohl buchungs- und meldetechnisch als auch IT-relevant betreut.

Die Diagnose 47,XXY bekam ich 1991 im Rahmen des Besuches einer Kinderwunschpraxis attestiert.

Im Frühjahr 2008, nach umfangreichen Umorganisationen und Stellenabbau, verließ ich die Firma und wollte mein Wissen und Know-how anderswo mit einbringen. Der Start war anfänglich sehr vielversprechend; doch Ende 2008 kam die Finanzkrise nach Deutschland, und ich wurde nach der Probezeit nicht übernommen. Die Suche gestaltete sich in der Finanzkrise schwierig: Entweder zu teuer oder Überqualifizierung. Wenn ich es dann wieder schaffte, einen Arbeitsvertrag zu erhalten, war es für mich schwierig, mich einzufinden als „Neuer“.

Die typischen Testosteron-Mangel-Symptome waren für mich lange Zeit die Ursache für die Schwierigkeiten, und so war die Recherche bei den Übereinstimmungsmerkmalen für einen hochfunktionalen Autismus (Asperger) für mich nicht mehr erste Priorität. So besuchte ich 2017 die Ambulanz für soziale Interaktion am Max-Plank- Institut (MPI) in München, Priv.-Doz. Dr. med. Leonhard Schilbach*. Im Januar 2018 nach Besuch der Tagklinik MPI erhielt ich die Diagnose und beantragte die Rente, welche auch ohne Probleme genehmigt wurde. Dass ich Betroffener bei beiden Diagnosen bin, hat bei mir schon Erleichterung ausgelöst; die bis dahin unbeantworteten Fragen zu den Zusammenhängen von Klinefelter und Autismus, Sucht, ADHD und weiteren Diagnosen vervollständigen das Puzzle und können dem nachfolgenden Text entnommen werden.

* | Max Planck Institut München-Schwabing: Unsere Ambulanz für Störungen der Sozialen Interaktion mussten wir leider zum 30. Juni schließen. Wenden Sie sich bitte an andere spezialisierte Zentren, in München zum Beispiel an die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität. Der ehemalige Leiter unserer Ambulanz, PD Dr. Leonhard Schilbach, wird ab dem 1. Juli 2019 eine Ambulanz am Universitätsklinikum Düsseldorf anbieten; Sie erreichen sie telefonisch unter 0211/922-3530.
Quelle: https://www.psych.mpg.de/tagkliniken