Testosteron wirkt für ihn wie ein Booster, der ihn körperlich als auch geistig auf ein höheres Level bringt. Er fühle sich stärker, aufmerksamer und emotional einfühlsamer. Besonders in den ersten Wochen der Behandlung mit Nebido spürt er diese positiven Effekte sehr stark; er ist initiativ und voller Energie. Leider lässt diese Wirkung nach sechs bis acht Wochen wieder nach. Er werde leicht müde, ist weniger motiviert, und auch seine Konzentrationsfähigkeit, sein sexuelles Verlangen (Libido) und die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, nehmen spürbar ab. Um diese Einbußen zu kompensieren, hat er seine Fachärztin gebeten, ihm zusätzlich Testogel zu verschreiben. Er erhofft sich davon mehr Flexibilität und eigene Kontrolle darüber, wann und ob er einen zusätzlichen Anschub braucht. Die freie Entscheidung, bei Bedarf Testosteron nachzulegen, ist ihm wichtig, vor allem, weil er in dieser Phase Schwierigkeiten hat, sich auf wichtige Gespräche zu konzentrieren, sie effektiv zu führen oder auch konzentriert kreativ zu arbeiten.
Die Fachärztin äussert in ihrer zusammenfassenden Beurteilung: „Die seitens des Patienten beschrieben Symptomatik mit Rückgang der Libido und Zunahme der erektilen Dysfunktion zum Ende des Intervalls, sowie verminderte Leistungsfähigkeit, kann hier laborchemisch nicht nachvollzogen werden. Insbesondere bei erektiler Dysfunktion und Libidoabnahme sind auch psychische Faktoren in diese Thematik miteinzubeziehen. Die Testosteronhöhe alleine ist hier nicht ausschlaggebend. Letztlich kann dem Wunsch einer zusätzlichen Applikation von Testosteron-Gel nicht entsprochen werden, um die Gefahr von Nebenwirkungen der Therapie wie Thrombose, Schlaganfall Karzinomentstehung so gering wie möglich zu halten.”
Der Patient versteht nicht, wie die Fachärztin aus der Veränderung seiner Libido auf eine erektile Dysfunktion schließen kann. Richtig ist, dass der Patient registriert hat, dass ein Verändern seiner Libido zusammen mit einem Verändern der eigenen Gefühlswahrnehmung zu beobachten ist: die Fähigkeiten taktil zu fühlen (Fingerspitzengefühl) wie auch haptisch wahrzunehmen stellen sich um. Die Fähigkeit zur intuitiven Wahrnehmung wandelt sich (siebter Sinn). Die Leichtigkeit im Tun verliert sich: Handeln, Initiativ-werden wandelt deutlicher zu Sich-Aufraffen-müssen. Das Anwesendsein von Körperhautirritationen und Gelenkschmerzen wird unter körperlicher Belastung und gegen Ende des Nebido-Spritzenintervalls deutlicher fühlbar. Die Kraft, die zu Beginn des Nebido-Intervalls enorm scheint, verringert sich deutlich. Möglicherweise lassen sich solche Beobachtungen leichter verstehen, wenn man an den Blick durch eine Lupe denkt und sich vorstellt, wie dabei das Glas beschlägt: deutliches Erkennen wird sehr mühsam.
Der Patient fragt sich: Wie wichtig es ist, bei aller Patientenwohlsorge durch die Ärztin, das Wohl- oder eben hier Unwohlempfinden des Patienten ernstzunehmend in den Vordergrund zu stellen. Dürfen wir von einer behandelnden Ärztin erwarten ernstgenommen zu werden oder werden wir im Zweifelsfall als „meschugger“ Patient „ein- oder aussortiert“. Dürfen wir Behandlungsmethoden hinterfragen? Dürfen behandelnde Ärzte bekannte Behandlungswege verlassen, um sich neuen Patientensichtweisen und möglicherweise neueren Studienlagen zu öffnen? Dürfen Patienten sich neue Wege wünschen, um neue Erfahrungen zu machen? Sind laborchemische Werte hinreichend für Behandlungsverordnung? Brauchen Patienten eine Behandlung, die auch psychophysische Aspekte berücksichtigt?
In der Gesundheitsversorgung ist die Verantwortung oft geteilt. Es erfordert die Zusammenarbeit zwischen dem Patienten und verschiedenen Gesundheitsdienstleistern, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. – Wie ist die beste Empfehlung für den Patienten der mit gesundheitlicher Herausforderungen konfrontiert ist?
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